Den Besuch einer Eishöhle hatte ich schon länger auf dem Schirm, aber bei den letzten Besuchen hatte es sich einfach nie ergeben. Entweder die Höhlen waren bereits für die Saison geschlossen oder ich war nicht in der richtigen Region. Bei dieser Reise hatte ich ebenfalls keinen Besuch einer Eishöhle eingeplant und landete trotzdem in einer.
Die Eishöhle am Langjökull – Handgemacht und alljährig geöffnet
Die meisten Eishöhlen in Island entstehen in oder an Gletschern. Diese werden jedes Jahr neu untersucht und dann für wenige Wochen oder Monate zur Besichtigung freigegeben. Wer nicht gerade zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist, verpasst also die Gelegenheit. Die meisten von diesen Höhlen befinden sich an der Südküste Islands bzw. im Hochland, sind also für eine typische Rundreise in Island gut gelegen und erreichbar.
Bei der Zeit sieht es etwas anders aus: Da die Höhlen sich permanent ändern, das Eis schmilzt und man darauf achten muss nicht zu viele Menschen, die Wärme abgeben, durch die Eistunnel zu schleusen, sind die Besichtigungstermine heiß begehrt und eher rar.
An Islands zweitgrößtem Gletscher, dem Langjökull, haben Baldvin Einarsson und Hallgrimur Örn Arngrímsson aus Interesse und Forschungszwecken im Jahr 2010 einen kühnen Plan in die Tat umgesetzt: Sie wollten die Besucher nicht nur um den Gletscher herum oder hinauf führen, sondern auch mitten hinein. Into the Glacier eben… Sie begannen also mit der Planung, holten die nötigen Erlaubnisse vom Staat ein und irgendwann begannen sie zu bohren. Am Ende entstand eine über 500m lange Eishöhle, mit mehreren Räumen und einigen Überraschungen…
Es dauerte über 14 Monate um die Höhle in den Gletscher zu fräsen und dem gingen gute 4 Jahre Planung voran. Das Eis in der Höhle ist etwa 30 bis 35 Jahre alt und an einigen Stellen kann man zum Beispiel die schwarze Linie sehen, welche beim Ausbruch des Eyjafjallajökull im Jahr 2010 entstand. Innerhalb der Höhle befindet man sich unter ca. 25m Eis und unter einem sind noch einmal gute 200m davon. Würde man den Eingang nicht regelmäßig freiräumen, gäbe es keinerlei Anzeichen für die Höhle und sie wäre wie jede andere Spalte im Gletscher.
Davon gibt es einige und manche von ihnen sind dutzende Meter tief und hunderte Meter lang. Diese machen Gletscher übrigens so gefährlich, denn besonders in den Randgebieten, welche man bei einer Besteigung zu erste betreten würde, sind diese Spalten häufig zu finden. Meist sind sie von Schnee bedeckt, doch schon ein einfacher Schritt darauf führt zum Bruch und du würdest in den sicheren Tod stürzen. Daher unternehme niemals Gletscherwanderungen auf eigene Faust!
Fragen und Antworten zur Eishöhle am Langjökull
Ich möchte an dieser Stelle ein paar Fragen beantworten, die öfter zu der Eishöhle gestellt werden. Wenn du eine Frage hast die hier nicht beantwortet wird, schreibe mir am besten einen Kommentar und ich versuche eine Antwort für dich zu finden.
Ist die Eishöhle natürlich entstanden?
Nein. Die Eishöhle am Langjökull wurde von Into the Glacier in den Gletscher gefräst. Natürliche Eishöhlen entstehen vor allem am Rand des Gletschers, durch natürliche Gletscherflüsse und das Schmelzen vom Eis.
Wie unterscheidet sich die Höhle von einer Natürlichen?
Vor allem ist sie stabiler und dadurch auch einfacher begehbar: Die meisten natürlichen Eishöhlen kann man nicht mit Kindern begehen, diese hier schon. Auch Rollstuhlfahrerkönnen an den Touren teilnehmen, sollten sich aber vorher mit Into the Glacier in Kontakt setzen für die Planung.
Die Eishöhle ist im Gletscher, nicht an dessen Rand und das führt auch dazu, dass die Lichtverhältnisse anders sind: Hier herrscht absolute Dunkelheit und entsprechend werden die wichtigen Orte in der Höhle mit Licht bestrahlt. Die Fotos welche du vielleicht von den Höhlen am Skaftafell oder anderen Orten kennst sind zum einen meist stark bearbeitet und zum Anderen eben unter optimalen Lichtverhältnissen aufgenommen: Das schöne Blau des Eis in diesen Bildern wirst du in der Eishöhle am Langjökull so nicht finden.
An den Tunneln merkt man auch, dass es sich eben um eine nicht natürlich entstandene Höhle handelt. Es gibt allerdings einige Bereiche in denen die Forscher auf natürliche Öffnungen innerhalb der Höhle staßen. Hier bekommt man einen besonderen Eindruck davon, dass man sich eben mitten in einem Gletscher aufhält.
Wie muss ich mich vorbereiten, welche Kleidung sollte ich tragen?
Wie immer in Island: Zwiebelprinzip. Kleide dich in mehreren Schichten, denn vor allem im Sommer ist es in der Höhle zwar eiskalt, doch sobald man wieder herauskommt man T-Shirt Wetter sein.
In der Höhle sind es durchgängig ziemlich genau 0°C, eine warme Verpackung ist also innerhalb der Tunnel wichtig und sehr empfehlenswert. Eine Mütze und Handschuhe sind ebenfalls gut. Man ist zwar nicht stundenlang in der Höhle, aber vor allem bei großem Temperaturunterschied zu Draußen ist es doch schnell unangenehm kalt an den Fingern und Ohren.
In der Höhle gibt es für jeden Teilnehmer Cramp-Ons, also rutschfeste Überzieher für die Schuhe. Dadurch rutscht man auf dem glatten Boden nicht so sehr, man sollte aber trotzdem vorsichtig gehen.
Wasserfeste Schuhe sind ebenfalls empfehlenswert. Sneaker sind hier schnell durchnässt weil man die teilweise Knöchelhohen Pfützen auch schlecht erkennen kann.
Die Höhle ist beleuchtet, du brauchst also keine Lampe. Der Guide hat immer eine Backupleuchte zur Hand, bleib also immer einigermaßen nah an der Gruppe.
Tagestouren ab Reykjavik oder direkt ab dem Base Camp
Touren zur Into the Glacier Eishöhle kann man auf zwei Arten unternehmen: Entweder direkt ab Reykjavík, als Tagestour zur Eishöhle oder ab dem Base Camp in der Region rund um Reykholt. Diese Tour dauert dann ca. 2–4 Stunden.
Die Tagestour besteht im Grunde aus der Anfahrt durch einen der größeren Busanbieter von Reykjavík zum Base Camp, der normalen Gletschertour und dann wieder zurück nach Reykjavík. Die Tour dauert insgesamt 11–12 Stunden und ist meiner Meinung nach nur dann empfehlenswert wenn man keine andere Option hat.
Ich habe mir insgesamt zwei Tage für die Region rund um Reykholt / Husafell genommen und dabei die Tour zur Eishöhle und am anderen Tag eine Tour zur größten Lavahöhle in Island gemacht. Es gibt mehrere Hotels und Gästehäuser in der Region und viele weitere Sehenswürdigkeiten. Es lohnt sich also durchaus hier mehr als einen Tag im Bus zu verbringen.
Nachhaltigkeit und Konservierung der Gletscher
Into the Glacier ist ein Zusammenschluss aus Unternehmern und Forschern, das Ziel ist es Menschen zum Gletscher zu bringen so lange es noch geht und ihnen die Schönheit des Eis zu zeigen um etwas in ihnen zu bewegen.
Die Zusammenarbeit mit dem Iceland Carbon Fund ist ein wichtiger Bestandteil der Touren und der Arbeiten vor Ort. Für einen kleinen Extra-Beitrag kannst du deine Tour Kohlendioxid-neutralisieren, dafür wird in der Region ein Baum gepflanzt. Die 500 Kronen hat hoffentlich jeder übrig. Etwa 5000 Bäume kann das Unternehmen jedes Jahr pflanzen und so einen großen Beitrag zum Naturschutz leisten.
Ein weiterer wichtiger Faktor bei den Touren ist es, den Besuchern klar zu machen welchen Einfluss wir Menschen auf den Klimawandel haben und wie sehr man in Island spüren kann, dass dieser real ist: Noch zu unserer Lebenszeit wird es wahrscheinlich dazu kommen, dass der Langjökull verschwindet. Ein riesiger Gletscher, über Jahrtausende entstanden wird einfach verschwinden. Auf einer Infotafel wird schnell bewusst, dass es sich dabei nicht um eine natürliche Klimaänderung handelt, denn die Geschwindigkeit in welcher diese Veränderung voranschreitet ist alles andere als natürlich.
Wer die Gletscherlagune Jökulsárlón besucht hat oder noch besuchen möchte kann hier ebenfalls ein paar Fragen dazu stellen und wird vermutlich von den Antworten schockiert sein. Ich selbst habe die Lagune 2013 zum ersten Mal gesehen und also ich nun im April 2018 wieder vor Ort war traute ich meinen Augen kaum. Selbst mit meinen relativ schwammigen Erinnerungen konnte ich deutlich erkennen, wie viel größer der See geworden ist und wie sich die Landschaft veränderte. Man muss wirklich kein Forscher sein um zu erkennen, dass hier etwas nicht in die richtige Richtung geht.
Fazit zur Into the Glacier Eishöhle am Langjökull
Ich kann den Besuch dieser Eishöhle sehr empfehlen, besonders wenn man in einer Zeit vor Ort ist in welcher die Eishöhlen am Rande der Gletscher bereits geschlossen sind. Auch wer mit Kindern reist oder als Rollstuhlfahrer unterwegs ist findet hier eine tolle Option einen Gletscher von Innen zu sehen.
Ich habe einen Teil der Höhle bewusst nicht beschrieben, weil ich die Überraschung nicht verderben möchte, aber wer Bedenken wegen der Natürlichkeit der Höhle hat, sollte diese nicht zu sehr in den Vordergrund stellen. Es gibt einige sehr beeindruckende und sehr natürliche Stellen zu sehen!
Auch wenn ich natürlich trotzdem irgendwann einmal eine natürliche Eishöhle sehen möchte, kann ich die Into the Glacier Eishöhle am Langjökull wärmstes empfehlen und würde auch dazu raten sich einen längeren Aufenthalt in der Region anzuschauen. Es gibt hier wirklich viel zu sehen und das geht in Ruhe wesentlich besser als gehetzt.
Viel Spaß in Island!