Tauchen und Island, das gehört zusammen wie Volkswagen und Wolfsburg, Porsche und Stuttgart. Das Land bietet ja auch alles, was das Taucherherz begehrt: Als Insel ist man buchstäblich mitten im Wasser, im Atlantik um genau zu sein. Dadurch, dass es hier oft regnet und durch die vielen Gletscher gibt es hunderte wenn nicht tausende kleiner Seen, Bäche und Flüsse. Das Wetter ist… naja… OK, das Wetter in Island ist üblicherweise nicht was die meisten Taucher so im Kopf haben wenn sie an einen Tauchurlaub denken. Aber wie immer ist das nur eine Sache des Equipment, es gilt wie immer: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung!
Im Folgenden möchte ich dir also eine Übersicht über die besten dive spots in Island geben, lokale Tauchbasen vorstellen und ein Wenig zum Equipment und zur Ausbildung sagen.
Die besten Orte zum Tauchen in Island
Silfra – Die Felsspalte zwischen den Kontinenten
Die Silfra Spalte befindet sich im Thingvellier Nationalpark und verläuft genau entlang der Bruchzone zwischen der nordamerikanischen und eurasischen Kontinentalplatten. Das Wasser entsteht durch das Schmelzen am Vatnajöküll Gletscher, etwa 50km östlich und fließt zwischen 50 und 100 Jahren durch Lavafeldern bis es in Silfra in den See Thingvatlavatn fließt. Das Wasser ist durch die Filterung so klar, dass man es nicht nur gefahrlos trinken kann sondern hierdurch auch noch Sichtweiten von weit über 100m entstehen. Durch eine konstante, leichte Strömung bei einer regelmäßigen Temperatur von 3°C friert das Wasser hier nicht fest und kann im Winter auch schonmal über 20°C wärmer als die Außentemperatur sein. Im Sommer kann das Wasser dann auch schonmal 20°C kälter als die Lufttemperatur sein, das passiert allerdings tatsächlich seltener als der erste Fall.
Der Tauchgang ist ca. 35–45 Minuten lang und führt durch die vier Hauptabschnitte: Big crack, Silfra Hall, Silfra Cathedral und die Lagune. Im ersten Abschnitt sind die Felsen noch relativ schmal und man kann beide Seiten berühren. In Silfra Hall wird der Raum größer und durch die große Sonneneinstrahlung entstehen tolle Bilder im charakteristischen, tiefen Blau. Cathedral ist die beeindruckendste Stelle, weil hier massig Platz ist und man extrem weit sehen kann. Ab und zu hat man hier Schnorchler über sich, die Schatten auf den 16m tiefen Grund werfen. Der Tauchgang endet in der Lagune, bei ca. 4–5m Tiefe und einem sehr feinen Boden. Auch hier sind große Sichtweiten möglich, die Stimmung ist aber eine ganz andere weil statt dem in blau getauchten Fels nun der helle Sand dominiert.
Silfra ist sicherlich das Highlight einer jeden Tauchreise nach Island und definitiv immer einen Besuch wert. Es gibt verschiedenste Touren zum Tauchen oder Schnorcheln in Silfra.
Strytan – Hydrothermale Quellen im Norden
In einem kleinen Fjord bei Akureyri macht Erlendur Bogason eines Tages die Entdeckung seines Lebens. Während eines Tauchgangs bemerkt er eine Felsformation und bei näherem Betrachten stellt er fest, dass heißes Wasser an mehreren Stellen im Gestein austritt. Eine Hydrothermale Quelle, wie sie sonst nur in tausenden Metern Tiefe vorkommen, direkt vor seiner Haustür. Zusammen mit der lokalen Universität klärt er ein Rätsel nach dem Anderen und kennt die Quellen mittlerweile wie seine Hosentasche.
Der kleinere der beiden Felsen liegt in etwa 20m Tiefe und ist die Heimat von Stefania, einem Wolfsfisch der immer am Ende der Leine auf Erlendur wartet wenn dieser zu einem Tauchgang vorbei kommt. Primär wohl wegen den Muscheln die er regelmäßig mitbringt. Stefania ist aber generell sehr zutraulich und begleitet die Taucher meist auf ihrer Tour. Dabei lässt sie sich auch gerne mal unterm Bauch streicheln.
Der große Strytan erhebt sich über 50m in die Höhe, vom Meeresboden in 70m Tiefe. Der Tauchgang startet üblicherweise bei etwa 30–35m und führt von dort in Kreisen hoch zur Spitze. Danach geht es wieder herunter und dann entlang der Bootsleine zurück an die Oberfläche. Die massive Größe dieses Felsen wird einem erst beim Abtauchen bewusst und selbst dann hat man ja nur die obere Hälfte gesehen. Hier tummeln sich oft kleine Fische um die heißen Quellen und der Fels ist voll mit Pflanzen und kleinen Krebstieren.
Im Fjord finden sich regelmäßig auch Wale, es lohnt sich also ab und zu nach oben zu schauen ob vielleicht gerade einer über einem her schwimmt. Gebucht werden kann im Divecenter Strytan, sagt einen lieben Gruß von mir 🙂
Davidsja – Tauchen in Islands größtem See
Im Thinvatlavatn, Islands größtem natürlichen See, im Thingvellier Nationalpark findet sich die Davidsspalte. Eine Felsspalte ähnlich der in Silfra, doch diese liegt mitten im See, auf einer Tiefe von etwa 4–5m. Hier hat man oft den Effekt, dass das Wasser im See nur eine sehr geringe Sichtweite erlaubt, oft weniger als 5m, während in der Spalte selbst Sichtweiten von 30m und mehr zu sehen sind. Das liegt daran, dass das kalte Gletscherwasser, welches auch diese Spalte füllt, unten bleibt und sich nicht mit dem warmen Wasser des Sees mischt.
Hier finden sich im Vergleich zu Silfra vor allem mehr Algen und gelegentlich auch größere Fische. Am Boden sind oft noch Hinterlassenschaften von Menschen zu finden, also Flaschen, sonstiger Müll und vor allem Angelutensilien. Insbesondere im Winter ist dieser Spot vielversprechend, denn wenn der zugefrorene See wieder auftaucht und man den richtigen Moment abpasst, kann man entlang der Eiskante tauchen und die entsprechende Atmosphäre genießen.
Bjarnagja – Die Bärenschlucht im Süden
Bjarnagja ist die wohl bizarrste dive site die ich bisher gesehen habe und ist für mich mit nichts vergleichbar, dass ich bisher gesehen habe. Die kleine Felsspalte im Süden der Insel erstreckt sich auf einer Länge von etwa 30–40m und einer Breit von nur 5–10m. An beiden Enden befinden sich jeweils eine kleine und eine große Höhle und dazwischen findet man allen möglichen Schrott. Von Turnschuhen über einen alten Besen, von einer alten Stahltreppe bis hin zur Waschmaschine liegen hier allerlei bizarre Gegenstände deren Erforschung lockt.
Auf dem verlassenen Gelände finden sich zwei Gebäude bzw. deren Grundmauern, viele angeschwemmte Baumstämme und ein paar leere Patronenhülsen vom Tontaubenschießen. Nach dem Einstieg sinkt man auf ca. 20m Tiefe hinab und kann dann vom Ost- zum Westende schwimmen und zurück. Am Ostende befindet sich eine große Höhle, die für ein paar Meter auch für Anfänger sicher zu betauchen ist. Nach etwa 10m wird die Höhle etwas enger und sollte ab hier ohne entsprechende Ausbildung auf keinen Fall betaucht werden. Am Westende befindet sich eine kleine Ausbuchtung im Fels. Die darin befindlichen Walknochen lassen einem die Haare hoch stehen und die von der Felswand fallenden Seile heben den Gänsehautfaktor ebenfalls an.
Gardur – Tauchen im Atlantik
Die beliebteste Stelle um im Ozean bei Reykjavík zu tauchen ist Gardur. Etwa eine Autostunde südlich der Hauptstadt findet sich in diesem kleinen Ort ein kleiner Anleger mit zugehörigem Strandeinstieg. Ob man hier tauchen kann ist vor allem vom Wind abhängig, der einem hier sehr oft einen Strich durch die Rechnung macht. Sind die Bedingungen gut, hat man hier eine tolle Umgebung mit viel Seetang, vielen Fischen wie Flundern und manchmal auch Wolfsfische. Außerdem findet man hier auch verschiedenste Arten von Nacktkiemern, Krabben und Krebse.
Auch hier liegen viele Angelschnüre herum und man kann sich sehr leicht darin verheddern. Es ist also eine gute Idee ein Messer oder eine Schere dabei zu haben. Selbst wenn ein Guide dabei ist der damit ausgestattet sein sollte, ist es immer gut sich auch selbstständig helfen zu können.
Kleifarvatn – Tauchen im Sektglas
Etwa auf halbem Weg zwischen Reykjavík und Gardur findet sich der See Kleifarvatn, der an das Hochtemperaturgebiet von Krysuvik angrenzt. Hier machte man vor einigen Jahren eine interessante Entdeckung. An einigen Stellen im See, ab einer Tiefe von etwa 10m kommt es zu starker geothermischer Aktivität und so steigen hier regelmäßig kleine oder auch größere Luftblasen aus dem sandigen Boden empor.
Der See ist generell immer in Bewegung und sinkt regelmäßig weiter ab, sodass jeder Tauchgang hier einmalig sein dürfte. Man ist sich nicht sicher wohin das Wasser verschwindet, aber der See sinkt teilweise um einige Meter im Jahr ab. Im Winter ist Kleifarvatn meist mit einer dicken Eisschicht bedeckt, sodass hier meist nur im Sommer getaucht wird.
El Grillo – Das Wrack eines Tankers im Osten
Auf der Ostseite der Insel befindet sich auch noch der letzte Baustein für eine großartige Tauchdestination: Ein Schiffswrack. Auf der gegenüberliegenden Seite von Reykjavík in einem kleinen Fjord findet sich hier das Wrack des spanischen Tankers ‘El Grillo’, welches im zweiten Weltkrieg hier versenkt wurde. Bei 45m liegt das Schiff auf Grund, die ersten Teile können aber auch schon bei einem Tauchgang auf 30m gesehen werden. Dieser Tauchgang ist also nichts für Anfänger
Die besten Veranstalter zum Tauchen in Island
Es gibt verschiedene Anbieter für Tauchgänge in Island, insbesondere sehr viele Reseller die im Grunde nur die Dienstleistung der Tauchbasen in ihr Touristisches Programm aufnehmen. Hier kannst du eine Auflistung der drei größten Tauchbasen sehen.
Dive.IS
Dive.IS ist der mit weitem Abstand größte Anbieter von Tauchtouren in Island. Das Team umfasst mehrere Dutzend Mitarbeiter, es gibt hunderte von Equipment Sets und viele der Guides sind echte Veteranen im Tauchgeschäft.
Ich habe hier im Januar 2015 meinen Divemaster gemacht, war aber im September 2014 auch als Kunde dort. So kann ich sowohl aus Kunden- als auch aus interner Sicht bestätigen, dass Dive.IS sehr kundenorientiert und sorgfältig ist. Für mich eine klare Empfehlung.
Magmadive
Ein weiterer Anbieter ist Magmadive. Dieses etwas kleinere Team hat sich offenbar auf exklusive Touren spezialisiert und führt Kunden eher im kleinen Kreis und abseits der rush hour durch Silfra und andere Tauchplätze. Ich habe oft mit den Kollegen gesprochen als ich in Silfra arbeitete und kann mir gut vorstellen, dass man als Taucher hier sehr gut aufgehoben ist. Vielleicht insbesondere dann eine Empfehlung wenn man mit speziellem Equipment anreist (Rebreather oder Sidemount).
Scuba.IS
Der Dritte im Bunde ist Scuba.IS. Ebenfalls ein größerer Anbieter und ebenfalls spezialisiert auf Tauch- und Schnorcheltouren in Silfra. Die Kollegen habe ich ebenfalls regelmäßig in Silfra getroffen und auch hier gab es nie etwas zu beanstanden.
Coldwater diving – Equipment und Tipps
Wer aus Deutschland kommt und hier seinen Tauchschein gemacht hat, für den ist Kaltwassertauchen nichts Neues. Wer im Trockenanzug gelernt hat, wird sich sofort wohl fühlen. In Island wird ausschließlich trocken getaucht, abgesehen von einigen verrückten Freedivern. Anzüge werden von den Veranstaltern gestellt, wer einen eigenen hat und mitbringen möchte kann dies tun und bekommt meist ein paar € Rabatt auf den Tauchgang.
Trockenhandschuhe werden hier eher nicht genutzt, weil sie bei 3°C einfach zu kalt werden. Hier werden extrem dicke Neoprenhandschue verwendet, bei denen Daumen und Zeigefinger einzeln und die anderen Finger zusammen in den Handschuh gesteckt werden. Etwa wie ein Ofenhandschuh. Diese schränken die Bewegung derart ein, das man als Ungeübter nach dem Anlegen der Handschuhe nichts mehr selbst machen kann. Die Guides helfen euch aber gerne dabei.
Unter dem Trockenanzug trägt man eine Art Renn-Overall aus dickem, isolierendem Material. Das hält einen gut warm und die meisten Leute empfinden es selbst im Wasser als kuschelig. Kalt wird dir nur an den Händen und am Gesicht.
Ein paar kleine Tipps für’s Wohlbefinden: Wenn du in’s Wasser gehst, dringt natürlich Wasser in die Handschuhe ein und es wird kalt. Dieses Wasser willst du aber im Handschuh behalten und kein Neues rein lassen. Dazu solltest du am besten ab diesem Zeitpunkt die Hände extrem still halten, sodass kein neues Wasser eindringt.
Unter dem Overall solltest du nur eine ganz dünne Schicht Funktionsunterwäsche tragen, keine Baumwolle oder gar Jeans & Pullover.
Nur an den Füßen können es fast nicht genug Schichten sein: 2 oder sogar 3 Lagen Socken sind tatsächlich eine gute Idee. Ich hatte an kalten Tagen dünne Sport-, dicke Wollsocken und Hausschuhe darüber an. Kuschelig!
Individuelle Tauchreisen nach Island
Wer nur zum Tauchen nach Island kommt, kann über eine individuelle Tauchreise nachdenken. Dazu könnt ihr mich gerne kontaktieren, ich gebe euch gerne ein paar Tipps wo und wie ihr buchen solltet, welche Route ihr ggf. mit dem Auto abfahren und auf was ihr sonst noch so achten müsst.
Vereine und Zertifizierungen
In Island wird größtenteils nach PADI ausgebildet und die meisten Guides sind PADI Open Water Scuba Instructor oder selten auch PADI Divemaster.
Ich würde eher davon abraten den Tauchschein in Island zu machen, wenn du dir nicht 100% sicher bist das Tauchen etwas für dich ist oder wenn du unsicher bist ob die Umgebung das Richtig für dich ist. Die Temperaturen in Island machen selbst gestandenen Tauchern oft zu schaffen und auch natürlich gut gepolsterte Taucher wollten oft nur einen statt zwei Tauchgängen machen. Davon abgesehen ist der Tauchschein hier sehr teuer in Relation zu Gegenden wie Spanien oder Italien.
Wer sich sicher ist, wird in Island sicher eine der besten Ausbildungen bekommen die man im Tauchsport erhalten kann.
Eine Sinnvolle Zertifizierung ist die Spezialisierung im Trockentauchen. Wer noch nie im Trockenanzug unterwegs war und eine längere Tour bucht sollte diesen Kurs vorher absolvieren. Für einen Tauchgang in Silfra ist das nicht nötig, für eine mehrtägige Tour absolut.
Update 2017: Für das Tauchen in Silfra wird mittlerweile eine Drysuit Speciality, oder der Nachweis von mindestens 10 Tauchgängen im Trockenanzug benötigt.